Klöster in Rheinhessen

Zur Übersichtskarte der Region

Nachnutzung des Gebäudes

Im Frieden von Campo Formio (17.10.1797) verzichteten Preußen und Kaiser Franz II. auf das linke Rheinufer. Der Kurfürst begab sich mit seinem Hofstaat ebenso wie die adeligen Familien und einem Teil der Professoren der Universität nach Aschaffenburg. Am 29.12.1797 zogen die letzten österreichischen Truppen aus Mainz ab. Nach der 30.12.1797 erfolgten Übergabe der Stadt an die Franzosen zog der französische Obergeneral und Chef der Mainzer Armee ins Deutschhaus ein. Auch die späteren Oberkommandanten der Stadt und dann des Departements Mont-Tonnerre bewohnten das „Hôtel de l’ordre teutonique“. Die Entfernung des Deutschordenswappens im Jahr 1802 sollte den Anbruch einer neuen Zeit demonstrieren, Im gleichen Jahr erfolgte auch der Abbruch des Dachreiters auf dem früher als Kapelle genutzten Nebengebäude. 

Zu Schäden kam es durch einen Brand vom 10. auf den 11.1.1803.

Im Jahr 1804 wurde das Haus für kurze Zeit für die Unterbringung der französischen Artillerieschule genutzt, die schließlich die Johanniterkommende bezog. Nach H.Mathy war dann 1809 angeblich ein französisches Artilleriedepot im Deutschhaus untergebracht.

Primär aber diente das Deutschaus als Palais Impérial, zehn offizielle Aufenthalte Napoléons finden sich verzeichnet (20.9.-3.10.1804 gemeinsam mit Kaiserin Josephine; 28.9.- 1.10.1806 gemeinsam mit Kaiserin Josephine; 24.7.1807, 25.9.1808, 11./12.5.1809, 15./16.10.1809; 11./12.5.1812 gemeinsam mit Kaiserin Marie-Louise; 14./15.7.1809 gemeinsam mit Kaiserin Marie-Louise; 17.-24.4.1813, 25.7.-2.8.1813 und zuletzt nach der Niederlage in der Schlacht bei Leipzig 2.-7.11.1813).

Am 28.4.1814 wurde die durch den Festungskommandanten, Graf Morand angeordnete, Versteigerung des Mobiliars vorgenommen. Den Erlös, der aus den nicht weniger als 2024 Mobilien erzielt wurde, beziffert F.Dumont mit 45.607 Francs[Anm. 1]

Im Zeitraum vom 4.5. bis 17.6.1814 diente das Deutschhaus dann als Quartier des Oberbefehlshabers des Blockadecorps, Herzog Ernst von Sachsen-Coburg. Er ließ versteigerte, aber in Mainz verbliebene Mobilien wieder in das Haus zurückschaffen. Bis Sommer 1814 wohnte auch noch der ehemalige kaiserliche Verwalter d’Hauteavoine im Palais.

Herzog Ernst von Coburg folgten bis Juni 1815 die Festungsgouverneure Baron von Frimont (bis März 1815), Feldmarschall-Lieutenant Freiherr von Wacquard-Geozelles (März/April 1815) und schließlich ab 18.4.1815 Erzherzog Karl.

Inzwischen vollzog sich die Neuordnung Europas durch den Wiener Kongress. Durch den Staatsvertrag vom 30.6.1816 zwischen Österreich, Preußen und dem Großherzogtum Hessen fiel der nördliche Teil des früheren Departements Mont-Tonnerre  an das Großherzogtum Hessen. Am 12.7.1816 erfolgte die Übergabe des Gebietes. Das Deutschhaus wurde nun als Großherzogliches Palais bestimmt und am 13.8.1816 stattete Großherzog Ludewig I. einen ersten Besuch ab. Offizielle Besuche des Großherzogs, Mitgliedern der großherzoglichen Familie und seiner Nachfolger waren danach indes selten (30.10. / 1.11.1816 Großherzogin Louise; 22.25.5.1845 Erbgroßherzog Ludwig und Gemahlin Mathilde; 10.-22.3.1848 Ludwig III, ebenso  14. - 16.10.1853 und 28.4. bis Mitte Juni 1863: Ludwig IV. 1881 und 1889). F.Schütz geht allerdings davon aus, dass sich die Großherzöge zu inoffiziellen Besuche „sicherlich häufiger“[Anm. 2]  im Deutschhaus aufhielten. Die Palaisverwaltung lag beim großherzoglich-hessischen Oberhofmarschallamt. Großherzog Ludwig II.
der wie Ludewig I. nie zu einem offiziellen Besuch im Deutschhaus weilte, stellte es 1842 als Ausstellungsfläche für die erste deutsche Industrieausstellung zur Verfügung. Häufiger in Mainz hingegen hielt sich Großherzog Ernst Ludwig auf; seine „Hofhaltungen in Mainz gehörten zu den großen Ereignissen“[Anm. 3]. Seit 1898 besuchte auch der Kaiser regelmäßig Mainz und weilte dann im Deutschhaus. Am 9.11.1918 wurde der Großherzog abgesetzt; das am 11.11.11919 geschlossene Waffenstillstandsabkommen sah u.a. die Räumung der linksrheinischen Gebiete und Brückenköpfe in Koblenz, Köln und Mainz vor, ebenso die Einrichtung einer 10 km breiten neutralen Zone. Am 14.12.1918 ritten die kommandierende Generäle Fayolle und Mangin in der Stadt ein; auf dem Deutschhaus wurde die Tricolore gehisst. Es wurde nun Hauptquartier des Oberbefehlshabers der französischen Besatzungstruppen, General Mangin. Am 5.5.1919 ging es nach F.Schütz in die Nutznießung des hessischen Staats über. Nach dem Abzug der Franzosen am 30.6.1930  stand das Gebäude zunächst leer. In den Adressbüchern findet sich für die folgenden Jahre der immer wiederkehrende Hinweis, dass das Gebäude als Museum vorgesehen sei. Zur Verwirklichung des Vorhabens kam es indessen nie. Um 1935 mietete schließlich die SA-Brigade 150 die Liegenschaft. Durch den Luftangriff auf die Stadt am 12./13.8.1942 wurde das Gebäude schwer beschädigt, fand aber bis 1943 noch Verwendung für Amtsräume der Stadtverwaltung, da das Stadthaus gänzlich zerstört worden war.

Bei der Zerstörung von Mainz am 27.2.1945  brannte das Deutschhaus aus. Als am 16.5.1950 in der Frage nach der Landeshauptstadt von Rheinland-Pfalz die Entscheidung zugunsten von Mainz gefallen war, wurde das Deutschhaus zum Sitz des Landtages bestimmt. Es erfolgte 1950/51 der Wiederaufbau. Derzeit (2017/2018) wird das Gebäude einer umfassenden Renovierung unterzogen.

Anmerkungen:

  1. Vgl. Dumont, S. 108 Zurück
  2. Schütz, S. 116 Zurück
  3. Schütz, S. 133 Zurück

Empfohlene Zitierweise

Rommel, Martina: Mainz - Deutschorden. Nachnutzung des Gebäudes. In: Klöster und Stifte in Rheinland-Pfalz, URL: <http:⁄⁄www.klosterlexikon-rlp.de//rheinhessen/mainz-deutschorden/nachnutzung-des-gebaeudes.html> (Letzter Aufruf: 25.04.24)