Klöster am Mittelrhein

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GEO:50.372175, 8.006699

Stift St. Maria, Diez

Graf Gerhard IV. von Diez (1272-1306) gründete 1289 direkt unterhalb seines Burgsitzes ein Stift, das sowohl der Siedlung Diez wie auch seiner Grafschaft insgesamt als religiöses und kirchliches Zentrum dienen sollte. Zur Gründungsausstattung gehörten die Pfründen des Stifts St. Adelphus in Salz, das mit dieser Übertragung nicht mehr bestand. Daneben bemühte sich der Graf um eine Ausstattung mit Einkünften aus der weiteren Umgebung, sodass teils auch entferntere Kirchen und Orte an den Burgsitz der Grafen gebunden wurden. Um 1373 gehörten dem wohldotierten Stift zwölf Kanoniker an.

Mit dem Tode des letzten Grafen von Diez, Gerhard VII., beendete das Stift 1386 seine Funktion als geistliche Einrichtung einer Dynastie. Die Grafschaft Diez fiel zunächst an den Schwiegersohn Graf Adolf von Nassau-Dillenburg und nach dessen Tod (1420) als Ganerbschaft an die ottonische Linie des Hauses Nassau, wobei die Besitzverhältnisse in der Folge wechselten. Kurtrier hatte in dieser Konstruktion die Lehnshoheit inne und konnte daher im 16. Jahrhundert die Einführung der Reformation zunächst verhindern. Dieser Zustand änderte sich 1564, als die einzig nun verbleibenden Herren der Grafschaft Diez, Kurtrier und Nassau-Dillenburg, einen Teilungsvertrag schlossen: Diez und das Stift St. Maria fielen auf diese Weise an die lutherische Linie Nassau-Dillenburg.

Obwohl es vertraglich anders vereinbart worden war, erklärte Graf Johann VI. von Nassau-Dillenburg (1559-1606) noch im gleichen Jahr, dass er auch für das Seelenheil seiner Untertanen zuständig sei. Für das Stift äußerte sich dieser Anspruch zunächst dahingehend, dass es drei lutherische Pfarrer aufnehmen musste. Außerdem erregte offenbar die Existenz von Konkubinen mehrerer Stiftsherren Anstoß bei der neuen Landesherrschaft. Trotz dieser Konfliktpunkte konnte das Stift vorerst noch fortbestehen, jedoch verschärfte sich die Situation bald dadurch, dass Johann VI. dem Calvinismus nähertrat. Infolgedessen wurden 1581 die katholischen Kirchenornamente gewaltsam entfernt; der Graf selbst zerschlug, so ist es überliefert, mit seinem Schwert das Marienbildnis des Hochaltars. Im Jahre 1588 schließlich wurden die Messgewänder verkauft, was darauf hindeutet, dass das Stift als geistliche Einrichtung nicht länger bestand; die letzten Stiftsherren starben bis 1620. Das Stiftsvermögen wurde nun als Fonds für das Kirchen- und Schulwesen genutzt, so z. B. zur Ausstattung der reformierten Hohen Schule Herborn; im Jahre 1817 ging es im Zentralstudienfonds des Herzogtums Nassau auf. Die Stiftskirche ist heute evangelische Pfarrkirche.

Empfohlene Zitierweise

Büren, F.: Diez - Stift St. Maria. In: Klöster und Stifte in Rheinland-Pfalz, URL: <http:⁄⁄www.klosterlexikon-rlp.de//mittelrhein-lahn-taunus/diez-stift-st-maria.html> (Letzter Aufruf: 24.04.24)