Geschichtlicher Abriss

0.1.Kirchen- und Klostergeschichte

Die Entstehung des Wallfahrtsortes geht zurück auf den Taglöhner Eberhard aus dem benachbarten Esch oder aus Ferres, einem Ortsteil heute von Piesport. In den Quellen übereinstimmend wurde er als Tagelöhner im Dienste derer von Esch bezeichnet. Um 1440 stellte er eine kleine Pietà in einen 12 Fuß hohen Bildstock. Dies geschah, so wurde berichtet, an einem damals „unbewohnten“ Ort, den Eberhard wiederholt aufsuchte. In seiner „Geschichte des Erzstifts Trier“ (1862) berichtete dagegen Marx von einem „eingestürzten Hause“. Dieser Hinweis kann Sinn machen, da das Kirchenschiff bei der Gründung nicht geostet, sondern aus Rücksicht auf bereits vorhandenes Mauerwerk nach Südosten ausgerichtet worden wäre. Dohms (1968) verweist in diesem Zusammenhang auf einen zweigeschossigen Turm. Bei Renovierungsarbeiten 1908-10 wurden gleichfalls zwei Turmgeschosse romanischen Ursprungs erwähnt. Die Annahme so früh datierter Mauerreste teilt Weber dagegen nicht (in: Persch, Mainz 2003).

Nach oben

0.2.Als Einsiedler in Eberhards Klause

Nach einer Erscheinung der Muttergottes setzte sich Eberhard dafür ein, beim Bildstock eine kleine Gedenkstätte zur Erinnerung an seine Vision zu bauen. Bei der Verwirklichung seines Vorhabens unterstützten den Marienverehrer die Bewohner der Umgebung zusammen mit Pfarrern aus Sehlem, Rivenich und Krames. 1442 war die „clausa“ vollendet. Für den Bau stellten Trierer Ministeriale, die Herren von Esch, eigenes Land zur Verfügung. Das neue Häuschen war drei Schritte lang, zwei Schritte breit und drei Schritte hoch. Nach Norden hin war es zunächst offen. Die Südwand wies ein Fenster für eine Marienabbildung auf, die Eberhard nach Verkauf seiner Habseligkeiten in Trier erworben hatte.
Erste Besucher stellten Opfergaben auf. Um sich um die Pilger zu kümmern und deren Geschenke vor Diebstählen zu schützen, baute Eberhard, erneut mit Erlaubnis der Herren von Esch, bei der „clausa“ eine „casula“ (kleine Hütte), um in Eberhards Klause künftig als Einsiedler zu leben. Gebetserhöhungen und Wunder, die sich ereigneten, sprachen sich herum und sorgten für immer mehr Besucher und Bittsteller.

Viele Überlieferungen rankten sich um die ersten Jahre des jungen Wallfahrtsortes. Einer Überlieferung nach war Anna, Ehefrau von Gottfried von Esch, schwer erkrankt. Sie bat ihren Beichtvater, im noch ungeweihten Marienhäuschen auf einem Tragaltar eine Messe zu lesen. Noch während der Messe wurde die kranke Frau geheilt. Der Piesporter Pfarrer zeigte daraufhin den Beichtvater beim Offizialat in Trier an. Denn die Messe war ohne Dispens gelesen worden. Daraufhin ließ die Bistumsleitung die Pietà in die Obhut des Pfarrers bringen. Wilhelm von Esch sperrte Eberhard „offiziell“ ein. Dies wiederum empörte die Bevölkerung. Wegen der Rückgabe „ihres“ Heiligtums wurde sie bei der Bistumsleitung in Trier vorstellig. Dort zeigte man sich einsichtig und die Pietà kehrte zurück nach Eberhardsklausen.
Dieses und weitere Wunder mehrten Ruf und Ansehen des neuen Wallfahrtsortes. Der Strom der Besucher schwoll weiter an. Für Eberhard und seine Helfer wurde dies notwendiger Anlass, die Klause durch eine größere Kapelle zu ersetzen. Nach Zustimmung des Erzbischofs Jakob von Sierck erfolgte 1444 der Abriss des sog. Marienhäuschens.

Nach oben

0.3.Meinungsänderung beim Kardinalslegaten

Nikolaus von Kues unterstützte die Baupläne zunächst nicht. Nach einem Besuch an der Baustelle verbot er sogar den Weiterbau. Doch bald änderte der Kardinallegat seine Haltung. Denn nach einer Reise nach Aachen erkrankte er dort existentiell. In seiner Not ließ Nikolaus seine Schwester kommen. Als sie von seinem Verbot hörte, riet sie ihrem Bruder, es sofort aufzuheben. Reumütig widerrief von Kues seine Anordnung.Von Kues gesundete umgehend und die Kirche konnte fertig gestellt werden. So jedenfalls berichtete die Chronik des Wilhelm von Bernkastel. Diese tradierte Begebenheit verglich zuerst Marx (1868) mit den historischen Realitäten. Er erinnerte u. a. daran, dass Cusanus als päpstlicher Legat erst 1451 unterwegs gewesen war, während die Kircheinweihung bereits am 25. März 1449 erfolgt war.

Nach oben

0.4.Der Chronist von Eberhardsklausen

Nachdem der Tagelöhner Eberhard 1440 an einer damals noch unbewohnten Stelle seine erste Vision der Mutter Gottes hatte, entwickelte sich bald das Interesse am Erscheinungsort. 1484  beauftragte der Trierer Weihbischof Johannes von Eindhoven, selbst ehemaliger Prior des Klosters, den Klausener Chorherrn Wilhelm von Bernkastel, als Chronist den Werdegang von Eberhardsklausen in der „Historia domestica Eberhardi Closani“ für die Nachwelt festzuhalten.
Die neue Kapelle maß fünf Schritte in Länge und Breite, verfügte über einen Altar und konnte 1445 fertig gestellt werden. Die Weihe der quadratischen Kapelle erfolgte erst nach Vollendung eines zusätzlichen Erweiterungsbaus. In der Klosterchronik wurde er als „Kirche“ (ecclesia), in Urkunden als Kapelle bezeichnet. Nach Dohm (2001) wurde das neue Gotteshaus mit den Maßen 26 auf 12 Schritte an einen bereits vorhandenen zweigeschossigen Turm angefügt. An Mariä Verkündigung, am 25. März 1449, erfolgte die Einweihung des Gesamtkomplexes (26 Schritte lang und 12 Schritte breit) durch Erzbischof Jakob von Sierck. Baumeister war vermutlich ein Peter Lienen aus Klüsserath/Mosel, so Wackenroder und Dohms.
1451 starb der Klausner Eberhard. Beerdigt wurde er vermutlich in der später neu errichteten Marienkapelle vor dem Gnadenbild oder "in cimiterio capelle“. Heute befinden
sich seine Gebeine in einer Nische unter dem Altartisch in der Gnadenkapelle.

Nach oben

0.5.Devotio Moderna

Unter der Devotia moderna ist eine in den Niederlanden Ende des 14. Jahrhunderts einsetzende religiöse Erneuerungsbewegung zu verstehen. Geistesgeschichtlich ist sie Humanismus und Renaissance verwandt. Gründer war der Mystiker und Bußprediger Gerhard Groote (1340-1384), der in Deventer wirkte. Verbreitet wurde die Bewegung der „zeitgemässen Frömmigkeit“ durch die Brüder vom gemeinsamen Leben. Sie lebten ohne Gelübde in klosterähnlichen Gemeinschaften zusammen. Sie sahen ihre Aufgabe darin, die im gemeinsamen Leben vertiefte innerliche Frömmigkeit in die Welt hinauszutragen. Durch die Verbreitung von Büchern und die Unterrichtung der Jugend beeinflussten sie nachhaltig das religiöse Leben ihrer Zeit. Nichtstun galt den auch Kugelherren (wg. der Kopfbedeckung) genannten Brüdern als verwerflich. Deshalb stand in den Windesheimer Statuten das Abschreiben von Büchern auf dem täglichen Programm. (Gründungen in -> Wolf/Traben-Trarbach und in -> St. German, Trier).

Nach oben

0.6.Windesheimer Kongregation

Sechs Brüder des gemeinsamen Lebens gründeten 1387 unter Leitung eines Schülers von Gerhard Groote das Kloster Windesheim bei Zwolle. Es gründete eine eigene Kongregation innerhalb der Augustiner Chorherren. 1485 standen fast 300 Klöster, die meisten in den Niederlanden und Nord- und Westdeutschland, unter dem Einfluss dieser Reformbewegung. Der Kongregation selbst waren bis 1500 87 Klöster inkorporiert, davon 38 in Deutschland. 1428 war das Inselkloster
 -> Niederwerth nördlich von Koblenz von Augustiner-Chorherren der Windesheimer Kongregation aus Zwolle besiedelt worden.

Nach Eberhards Tod beabsichtigte der Trierer Erzbischof, neben der vergrößerten Wallfahrtskirche ein Kloster zur Betreuung der Pilger zu gründen. In der Frühzeit des Wallfahrtsortes hatte sich bereits der Karmeliterorden bei der Betreuung der Gläubigen stark engagiert. Doch von Sierck ließ deren frühzeitiges Engagement unberücksichtigt. 1456 wurden erste Kontakte mit den Prioren der Klöster Niederwerth und Bödeggen in Westfalen geknüpft. Sierck entschied sich für Kanoniker der Windesheimer Kongregation. An diesem Entschluss hatte wohl auch Nikolaus von Kues
(->Bernkastel-Kues)in der einen oder anderen Form mitgewirkt. Schließlich war er in Deventer bei den Brüdern des gemeinsamen Lebens erzogen worden. Bevor es jedoch zu einer Vereinbarung mit der Kongregation kam, starb Sierck.
Nach seinem Tod hielten das Trierer Domkapitel und Grundherr Gottfried von Esch an diesen Plänen fest und baten den Prior von Niederwerth um Konventuale für die Neugründung.

Nach oben

0.7.Aus der Gewalt entlassen

Hermann Kleyman aus Rüthen, vorheriger Subprior aus Niederwerth, und Jakob von Nijmwegen wurden am 21.1.1456 in Klausen eingeführt. Ein Jahr später kamen im Auftrag des Generalkapitels weitere fünf Angehörige der Kongregation aus Kloster Böddeken in Westfalen. Die Konventualen bewohnten zunächst das von Peter Lynen errichtete „domus“.
Am 14. September 1459 übertrug Erzbischof Johann von Baden die Kirche in Eberhardsklausen mit allen  ihr zugehörigen Rechten, Gütern und Einkünften der Windesheimer Kongregation. Er unterstellte sie der Kirchenaufsicht des Windesheimer Generalkapitels. Damit wurde die neue Gründung aus der Gerichtsgewalt des Trierer Erzbischofs entlassen. Die Genehmigung zur Errichtung eines Klosters erfolgte umgehend. Gut einen Monat später, am 22. Oktober 1459, übertrugen Gotthard von Esch und seine Familie für „ewige Zeit“ das Eigentum des „um die Kirche gelegenen“ Grundstücks. 1461 beschloss das Windesheimer Generalkapitel die Inkorporation.

Nach oben

0.8.Nachnutzung, späteres Schicksal

Nach dem Einrücken 1794 der französischen Truppen in das Trierische Gebiet erfolgte um 1795 die erste Versiegelung des Inventars durch die Franzosen. Genauere Einzelheiten wurden nicht bekannt. 1798 versicherte der Präfekt des Saar-Departements, dass das Kloster im Besitz aller seiner Güter bliebe. Die Gemeinschaft des früheren Klosters, nunmehr des Stiftes, bestand 1800 aus 14 Kapitularen, von denen bis zur Auflösung am 22.7.1802  zwei ältere Mitglieder verstarben.  Abgesehen von drei früheren Stiftsangehörigen übten alle später wieder pastorale Tätigkeiten aus.
1801 gab der Präfekt die Erlaubnis zur Aufnahme eines größeren Darlehens, da geforderte Zwangszahlungen an Frankreich die Einkünfte überstiegen.
Die Aufhebung des Klosters Eberhardsklausen erfolgte 1802 auf der rechtlichen Grundlage einer am 9. Juni erlassenen Verfügung der französischen Regierung: sämtliche Klöster in den vier linksrheinischen Departements sowie die geistlichen Genossenschaften aufzulösen.
Am 4. Juli 1802 legte der Kommissar Buchhecker eine heute noch vorhandene Übersicht über das im Kloster befindliche Inventar vor. Aufgrund eines am 16. Juli 1802 ergangenen
Durchführungserlasses ist dem versammelten Konvent die Auflösung des Klosters mitgeteilt und eine erneute Bestandsaufnahme erstellt worden.
Eine Übersicht über das Inventar der Kirche, der Sakristei und der sonstigen Klostergebäude, ein Verzeichnis von Renovationsregistern, des klösterlichem Außenbesitzes, deren Gesamtwert auf über 150 000 Francs geschätzt wurden, sowie eine Übersicht über Aktiv- und Passivschulden sind bis heute erhalten.
Die Stadtbibliothek Trier übernahm nach der Säkularisation große Teile der
Bibliotheksbestände auf. Die Klosterkirche wurde zur Pfarrkirche bestimmt. Die Klostergebäude wurden zum großen Teil abgebrochen. Teile des barocken Abtsgartens konnten gerettet werden. Von 1918 bis 2000 war im ehemaligen Gasthaus direkt gegenüber der Wallfahrtskirche das Dominikanerinnenkonvent „Mater Dolorosa“ untergebracht.

Nach oben

Empfohlene Zitierweise

Brauksiepe, Bernd: Klausen - Augustinerchorherrenstift. Geschichtlicher Abriss. In: Klöster und Stifte in Rheinland-Pfalz, URL: <http:⁄⁄www.klosterlexikon-rlp.de//eifel-ahr/klausen-augustinerchorherrenstift/geschichtlicher-abriss.html> (Letzter Aufruf: 23.04.24)