Klöster am Mittelrhein
Strüth - Benediktinerkloster Schönau
Die Geschichte des Benediktinerklosters Schönau, dessen Gebäude uns heute in ihrer barocken Gestalt aus dem 18. Jahrhundert erhalten sind, begann im benachbarten Ort Lipporn. Dort stiftete Graf Dudo von Laurenburg, Stammvater des Hauses Nassau, um 1117 eine Propstei des Klosters Schaffhausen (heute: Schweiz), die dem hl. Florin geweiht war. Diese Propstei wurde um 1124/5 nach Schönau verlegt und wahrscheinlich ca. 1126 zur eigenständigen Abtei erhoben. Eine Gründungsurkunde ist nicht überliefert, urkundlich fassbar wird die Abtei erstmalig 1132 durch eine im Original überlieferte Urkunde des Mainzer Erzbischofs Adalbert von Saarbrücken (1111-1137), die die Übertragung Schönaus an das Erzstift Mainz dokumentiert. Die Vogtei verblieb jedoch bei den Grafen von Laurenburg bzw. ihren Nachfolgern, den Grafen von Nassau. Neben den Grafen und dem Mainzer Kurfürsten war der Erzbischof von Trier maßgeblich, in dessen Diözese die Abtei lag.
Ab dem Jahre 1141/2 ist in Schönau außerdem die Existenz eines Frauenkonvents belegt, der von einer – dem Abt untergeordneten – Meisterin (magistra) geleitet wurde. Sein Gründungsdatum ist unklar; spätere Quellen sprechen dafür, dass der Frauenkonvent bereits in Schönau bestand, bevor die Propstei aus Lipporn dorthin verlegt wurde. Beim Kloster Schönau handelte es sich demnach um ein Doppelkloster.
Bekanntheit erlangte die Abtei vor allem durch das Wirken der Seherin Elisabeth von Schönau (1129-1164/5), deren visionäres Werk in über 150 Handschriften überliefert ist. Die Zeitgenossin der älteren Hildegard von Bingen lebte seit ihrem 12. Lebensjahr im Kloster Schönau und litt zeitlebens an Depressionen und Angstzuständen. Ihre ersten Visionen stellten sich nach schwerer Krankheit im Alter von 23 Jahren ein; sie schaute wiederholt Maria, Engel und Heilige. Ihr Bruder Egbert (gest. 1189) überlieferte diese Visionen der Nachwelt, wobei er seine Schwester u. a. durch spezifische Fragen stark beeinflusste. Ab 1157 war Elisabeth die zweite magistra des Frauenklosters, ihr Bruder Egbert war ab 1167 Abt von Schönau.
Etwa um 1459 schloss sich das Kloster nach längeren Reformbemühungen der Bursfelder Kongregation an. Bis dahin war Schönau recht wohlhabend gewesen und hatte über umfangreiche Besitzungen verfügt, doch verschlechterte sich die materielle Situation ab dem 16. Jahrhundert durch die fortwährende Auseinandersetzung mit den Grafen von Nassau, die bis zur Auflösung des Klosters anhalten sollte. In der dem Kloster inkorporierten Pfarrei Welterod-Lipporn führten die Nassauer 1553 die Reformation ein – das Kloster blieb aber katholisch. Die Existenz als Doppelkloster endete 1606 mit der Auflösung des Frauenkonvents durch die Grafen von Nassau, nachdem dessen Leiterin sich angeblich unzüchtig verhalten hatte. Nach der Wahl eines ihnen nicht genehmen Abtes im Jahr 1613 besetzten die Nassauer das Kloster; die Mönche wurden gezwungen, dem Anspruch auf eine Landessteuer sowie auf die Kontrolle der finanziellen Angelegenheiten der Abtei zuzustimmen; daneben wurden auch andere Rechte beschnitten.
Im Dreißigjährigen Krieg plünderten 1631 die Schweden, später auch Hessen, das Kloster, die Gebäude des Frauenklosters wurden zerstört, das Grab der Elisabeth von Schönau geschändet. Von ihren sterblichen Überresten ist seitdem lediglich eine Schädeldecke erhalten.
Nach 1648 verfolgten die Nassauer weiterhin eine Politik der ‚Nadelstiche‘, so ließen sie auf Abteigebiet jagen oder veranlassten im Jahre 1713 ihre Bauern, die Felder der Abtei abzuernten und ihr Vieh dort weiden zu lassen. Nachdem Beschwerden keine Abhilfe gebracht hatten, ließ Abt Matthias Mertes (1705-1720) auf die Ochsen, die unzulässigerweise weideten, mit Schrot schießen; die Auseinandersetzung eskalierte. Der Mainzer Kurfürst griff ein, eine anberaumte Konferenz zur Klärung wurde allerdings durch die Nassauer Grafen aufgeschoben.
Einen Einschnitt brachte indes das Jahr 1723, in dem die Klostergebäude vollständig niederbrannten. Schon ab dem folgenden Jahr wurden – mit Hilfe der Bursfelder Kongregation, die sowohl Geldmittel wie auch Arbeitskräfte stellte – die heute noch bestehenden Gebäude errichtet. Bis 1760 erhielten sie ihre innere barocke Ausgestaltung.
Die Zeit der 1730-1750er Jahre war erneut geprägt durch eine Auseinandersetzung mit den Nassauer Grafen, die u. a. die Klosterschule abschaffen und die Kinder der katholischen Untertanen zur Konfirmation zwingen wollten. Außerdem ließen sie die Kirche in Lipporn abreißen und – unter Inanspruchnahme der Untertanen der Abtei – neu errichten, ohne Rücksprache mit dem Abt als Kirchenpatron zu halten. Als weder eine Intervention der Kurfürsten von Mainz und Trier, noch ein Reskript des kaiserlichen Reichshofrats die nassauische Politik zu ändern vermochte, publizierte die Abtei 1753 die umfangreiche Streitschrift Rettung derer Freyheiten und Rechte ... des Benedictiner-Closters Schönau, in der sie ihren Standpunkt darlegte. Dies führte zwar nicht zu einer grundsätzlichen Änderung der nassauischen Politik, doch wurde sie in der Folge zurückhaltender betrieben.
Im Zuge der Säkularisation wurde das Kloster 1803 schließlich aufgelöst, die Besitzungen fielen an Nassau-Weilburg. Die Gebäude wurden bis 1947 als Pfarrei genutzt, von 1947 bis 1973 beherbergten sie tschechische Prämonstratenser aus dem Stift Tepl. Von 1904 bis 1986 unterhielten zudem die Dernbacher Schwestern eine Niederlassung am Kloster Schönau.
Heute ist in den Gebäuden wieder eine Pfarrei beheimatet, daneben dient ein ehemaliges Wirtschaftsgebäude als Eine-Welt-Haus mit entsprechendem Laden und Café.
Empfohlene Zitierweise
Büren, F.: Strüth - Benediktinerkloster Schönau. In: Klöster und Stifte in Rheinland-Pfalz, URL: <http:⁄⁄www.klosterlexikon-rlp.de//mittelrhein-lahn-taunus/strueth-benediktinerkloster-schoenau.html> (Letzter Aufruf: 12.12.24)