Klöster in Rheinhessen

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Mainz - Liebfrauen - Maria ad gradus - Mariengreden

GEO:49.99915,8.27557

Liebfrauen - Maria ad gradus - Mariengreden

Die erste urkundliche Erwähnung des Stiftes geschah im Zusammenhang mit der Einweihung der Stiftskirche am 23.11.1069. Wahrscheinlich war das Liebfrauenstift zunächst eine bischöfliche Eigenkirche. Zwischen den Mainzer Erzbischöfen und dem Stift bestand ein enger Zusammenhang, der verhinderte, dass sich eine unabhängige Geschichte des Stiftes entwickelte. 1160 stellte sich das Stift nach der Ermordung des Erzbischofs Arnold von Selenhofen gegen die Mainzer Bürger; der Ermordete wurde in der Stiftskirche beigesetzt.

Verfassung

Das Amt des Propstes ist ab 1191 nachzuweisen. Er gehörte zum Dienstpersonal des Mainzer Erzbischofs und war Archidiakon für das Gebiet zwischen Wetter, Nidder und Kinzig mit den Sendbezirken Roßdorf und Friedberg.  Sein Einfluss auf das Kapitel war aber nicht groß. Ab dem 16. /17. Jahrhundert war die Propstwürde hauptsächlich ein Titel. Bis zum Spätmittelalter entwickelte sich das Amt des Dekans zum angesehensten Amt innerhalb des Stiftes. Weiter bestanden am Stift die Ämter des Scholasters, des Kantors und des Kustos.
Für die Frühzeit finden sich zur Größe des Stiftes keine Angaben. Eine Urkunde vom 26.12.1433 berichtet, dass anfangs 24 Präbenden bestanden hätten, doch kann die Angabe nicht verifiziert werden.
Am Stift bestanden 22 Vikarien, die fast alle erst zwischen dem 13. und 15. Jahrhundert gestiftet wurden; ab 1769 bestanden nur noch 16 Vikarien. Aufgabe der Vikare war die Feier der Eucharistie, unterstellt waren sie dem Kustos. Der Pleban, der nicht in jedem Fall identisch mit dem Stiftspfarrer war, unterstützte den Kustos in seelsorglichen Aufgaben.
Meist stammten die Stiftsherren aus Mainz, dem Mainzer Raum und dem Rheingau, daneben auch aus der Pfalz, dem Niederrhein und Mainfranken.

Besitz

Der Stiftsbesitz lag in Streulage in Taunus und Rheingau; rechtsrheinisch bestanden weitere Besitzkomplexe im Niddagau, Taubertal und in der Wetterau. Linksrheinisch besaß das Stift Liegenschaften im Mainzer Raum. In Hechtsheim ist der Stiftshof erhalten (Grauelstr. 1-3), hat aber inzwischen viele bauliche Veränderungen erfahren. Ein weiterer Stiftshof aus dem 18. Jahrhundert ist in Laubenheim erhalten (Marienhofstraße 1).

Kirche

Die älteste Liebfrauenkirche entstand Ende des 10. bzw. Anfang des 11. Jahrhunderts und wurde nach römischem Vorbild errichtet. Möglicherweise diente sie als Empfangsraum für den zu krönenden König oder Kaiser, besaß Erzbischof Willigis doch das Krönungsrecht. Der Baubeginn der zweiten Kirche wird auf 1065 datiert, das Weihejahr allerdings unterschiedlich angegeben (1069, 1070, 1071). Erstmals ist von Sancta Maria ad gradus 1119 die Rede.
Am 17.4.1285 wurde die Kirche durch ein Feuer zerstört. Die Weihe der (dritten) Liebfrauenkirche erfolgte am 12.9.1311. Die gotische Hallenkirche, etwa 30 Meter östlich vom Dom gelegen, hatte einen fast quadratischen Grundriss (Gesamtlänge 45-50 m, Breite inklusive der Kapelle 47,20 m).
Sie besaß zwei Zugänge: eine gotische Vorhalle im Westen und das mit reichem Figurenschmuck verzierte Hauptportal im Osten, zu dem zwölf Stufen führten.
Am 5./6.9.1387 wurde ein Turm durch Blitzschlag zerstört. Der Kaiser gestattete dem Stift bis auf Widerruf die Erhebung eines Teiles des Mainzer Zolls, um die Kosten für den Wiederaufbau zu bestreiten.
Durch einen Brand (8.8.1561) wurde das gesamte Holzwerk zerstört. Der mit einem hölzernen Helm versehene Turm wurde nun umgestaltet und mit einer „welschen Haube“ abgeschlossen. Kurfürst Johann Philipp von Schönborn ließ 1606 ein Glockenspiel anfertigen. Ein auf Schloss Datschitz befindliches Ölgemälde aus dem 18. Jahrhundert zeigt - eingefügt in eine Rheingaulandschaft - die Liebfrauenkirche. An die Stelle der Turmuhr wurde in das Bild eine Spieluhr eingefügt. Ihre Melodie gibt möglicherweise den Klang des Glockenspiels wieder.
Im Jahre 1700 wurde der Lettner entfernt. Die Treppe vor dem Ostportal der Kirche erfuhr 1715 eine Erweiterung. Die westliche Portalanlage wurde wahrscheinlich 1733 umgestaltet.
Bei der Beschießung der französisch besetzten Stadt durch die Preußen (27.6.1793) geriet die Kirche in Brand; der Turm und die benachbarte Stiftsdechanei wurden zerstört. Das Gnadenbild kam nach der Zerstörung der Kirche in die Augustinerkirche, der Taufstein in den Dom. Über das Ausmaß der Schäden gibt es widersprüchliche Angaben. Da die Kirche 1794 als Magazin genutzt wurde, ist davon auszugehen, dass wenigstens die Außenmauern noch intakt waren, auch Fenstermaßwerk und Glasfenster waren wohl erhalten. Nach der Säkularisation wurde die Kirche als einsturzgefährdet bezeichnet, versteigert und ab 1807 abgebrochen.
Bei der Neugestaltung der Fußgängerzone im Jahr 1975 (Höfchen, Markt und Liebfrauenplatz) wurde aus Sandsteinen der Chor der Kirche angedeutet. Eine im Boden eingelassene Metallplatte zeigt eine Zeichnung der Liebfrauenkirche.

Empfohlene Zitierweise

Rommel, Martina: Mainz - Liebfrauen - Maria ad gradus - Mariengreden. In: Klöster und Stifte in Rheinland-Pfalz, URL: <http:⁄⁄www.klosterlexikon-rlp.de//rheinhessen/mainz-liebfrauen-maria-ad-gradus-mariengreden.html> (Letzter Aufruf: 09.10.24)