Klöster in Rheinhessen
Einige der zu Oberflörsheim gehörenden Ländereien waren nach Forschungen von Braasch-Schwersmann vor der Zuordnung der Niederlassung zur Ballei Marburg direkt dem Deutschen Orden unterstellt. So finden sich Ende des 13. / Anfang des 14.Jhs. Hinweise auf die Überlassung von Gütern in Oberflörsheim an das Deutschordenshaus in Marburg: am 3.2.1280 wurde eine Urkunde über die Überlassung von Gütern des Gazzo an die Komtur in Marburg ausgestellt[Anm. 1]; am 27.3.1300 verkaufte Gunther von Seelheim, Bürger in Amöneburg, dem Haus in Marbur die Hälfte seiner Güter in Oberflörsheim[Anm. 2]; ein weiterer Verkauf ist mit Datum vom 20.12.1306 notiert, als die Brüder Friedrich und Ludwig Raustein dem Deutschordenshaus in Marburg Güter in Oberflörsheim verkauften[Anm. 3].
Der Besitz blieb der Ballei Marburg unterstellt[Anm. 4]. Bei Erwerbungen im Wormsgau nennen die Urkunden nach Armgart /Untermann Marburg als Empfänger. Als 1324 der Verkauf eines Stadthofes in Worms erfolgte, wurden sowohl Marburg als auch Ober-Flörsheim als Empfänger bezeichnet. Im Mittelalter habe das am östlichen Ortsrand gelegene Gebiet „wohl“ ein Areal von 100 m x 200 m umfasst[Anm. 5].
Nach Braasch-Schwersmann war die Niederlassung in Ober-Flörsheim untergliedert in „das eigentliche Haus mit einer zugehörigen Scheffnerei für Zinsabgaben und die Pietanz für weitere Einnahmen“[Anm. 6]. Es bestand also eine gemeinsame Nutzung durch Kommende und Schaffnerei.
Besitz und Einkünfte außerhalb Ober-Flörsheims[Anm. 7].
Ort | urkundlich belegt | |
Abenheim | Patronat | 1258 |
Besitz | 1260 | |
Albisheim a. d. Pfrimm | Grundbesitz | 1266 |
Alsheim | Grundbesitz | 1292 |
Alzey | Zins | 1403 |
Stadthof (Hof des Cunz v. Albig) | 1449 | |
Bechtolsheim | Grundbesitz | 1447 |
Biedesheim | Freihof | 1221, 1227, kam 1245 an Marburg |
Birkheim | Zins | 1492 |
Bischheim | Freihof | ??? |
Bissersheim | Zins | 1447 |
Blödesheim (heute Hochborn) | Zins | 1447 |
Dalsheim | Grundbesitz | ??? |
Diebach /Rheingau | Zins | 1447 |
Dienheim | Besitz | 1260 |
Eich | Hofgut | 1363 (Verkauf) |
Einselthun | Zins | 1447, 1492 |
Einzheim | Weinbaufläche | 1332 |
Eppelsheim | Hofgut | 1325 |
Flomborn | Grundbesitz | 1395 |
Freimersheim | Hofgut | 1403 |
Gollheim | Wiesen | 1591 |
Gössesheim | Grundbesitz | ??? |
Griesheim | Grundbesitz | ??? |
Groß-Karlbach | Hofgut | 1252 |
Gundersheim | Weinbaufläche | 1332 |
Heddesheim | Zins | 1403 |
Heppenheim a. d. W. | Grundbesitz | 1447 |
Hochborn | siehe Blödesheim | |
Kettenheim | Hofgut | 1446 |
Kindenheim | Grundbesitz | ??? |
Kirchheim | Grundbesitz | ??? |
Kriegsheim | Zins | 1403 |
Mölsheim | Grundbesitz | ??? |
Monsheim | Zins | 1403 |
Nieder-Flörsheim | Zins | 1447 |
Grundbesitz | 1447 | |
Obrigheim | Zins | 1447 |
Ottersheim | Zins | 1447 |
Rhein-Dürkheim | Zins | 1358 |
Rittersheim | Grundbesitz | ??? |
Stetten | Zins | 1403 |
Uelversheim | Zins | 1403 |
Wachenheim a. d. Pfrimm (unsicher) | Grundbesitz | 1285 |
Wahlheim | Grundbesitz | ??? |
Westhofen | Hofgut | ??? |
Worms | Stadthof (Hof Zum König) | 1324 |
Die Niederlassung besaß eine „stark landwirtschaftliche Ausrichtung“[Anm. 8]. Vor allem die Versorgung der Ballei mit Wein dürfte eine wichtige Aufgabe des Hauses gewesen sein. Oberflörsheim lieferte an die Ballei zudem Getreide und Geld. Der Orden besaß Weinbauflächen, die zum großen Teil in Ober-Flörsheim selbst lagen, daneben in den Orden Gundersheim, Karlbach, Kriegsheim[Anm. 9]. Für das Jahr 1382 beziffert Braasch-Schwermann die Weinbaufläche allein in Ober-Flörsheim mit 44 Morgen[Anm. 10]. Arnold nennt Wein das „Hauptprodukt“[Anm. 11]der Kommende Oberflörsheim und verweist darauf, dass sie nicht nur den örtlichen Markt versorgt, sondern auf Grund der hohen Qualität des Weins auch Fernhandel (Verschiffung auf Rhein und Main) betrieben habe. Die Kommende habe, so Arnold, vom Weinhandel leben können.
Die Stücke waren in der Regel verpachtet, wobei die Pachtverträge detaillierte Regelungen zur Bebauung, nicht zuletzt der Düngung – und dies bedeutete Erhalt oder Verbesserung der Qualität der Stücke - enthielten. Einen Teil der Weingüter behielten die Ordensbrüder im Eigenbau; die Bewirtschaftung erfolgte mit Unterstützung durch bezahlte Arbeiter. Das Ordenshaus verfügte über eine eigene Kelter; zwischen 1468 und 1471 wurde sie neu errichtet. Vor Ort verfügte man zudem über eine eigene Küferei zur Herstellung von Fässern und Ausbesserung von Weinbaugerätschaften.
Nach den Erhebungen von Braasch-Schwersmann waren am Ordenshof 30 Knechte und Mägde beschäftigt, die im Vergleich zu anderen einen überdurchschnittlichen hohen Geldlohn erhielten, dazu Sachleistungen[Anm. 12]. In der Lesesaison wurden zudem Tagelöhner beschäftigt.
Interessante Einblicke liefert ein Vertrag, durch den 1463 2 ½ M. Weinberg für die Dauer von 12 Jahren in Pacht gegeben wurden. Der Pächter wurde verpflichtet, die Wingerte recht zu bebauen und zu „bessern“. Jährlich waren fünf Wagen Mist und Dung aufzubringen, wobei der Orden selbst drei Wagenladungen Mistes zur Verfügung stelle. Dies setzte aber die Stallhaltung von Vieh voraus!
Zu eine wirtschaftlichen Schwächung kam es in der Reformationszeit (Pfändung von Einkünften aus kurpfälzischen Orten). Die Einkünfte reichten in der Neuzeit „meist nur zum Unterhalt eines Komturs“[Anm. 13].
Der Besitz in Ober-Flörsheim diente „nur zur zusätzlichen Versorgung“ für den Komtur, der sich meist nicht in Flörsheim aufhielt[Anm. 14].
Es bestand auch Sondervermögen, das von einem Ordensritter vor Ort verwaltet wurde. So bestand bis ins 18.Jh. eine eigene Schaffnerei für Ober-Flörsheim.
Ein Inventar aus dem Jahr 1761 listet Besitz auf: Wohnhaus, Scheunen, Ställen ganzer Besitz. Zwei Jahre später erfolgte eine abermalige Aufnahme des Besitzes. Ein weiteres Inventar stammt aus dem Jahr 1763; 1779 wurde eine ausführliche Statuserhebung durchgeführt.
1773 wurden liegende Güter (verzeichnet in Morgen nach altem Maß) in Oberflörsheim (1126 M. / 18 M. Wiese), Rittersheim (6 M. Ackerland), Bischheim bei Kirchheim (106 M. Ackerland / 12 M. Wiese); Alzey (8 ¾ M. Ackerland), Gundersheim (10 M. Ackerland; 13 M. Wingert, zum Teil gemeinsam mit der Schaffnerei), Flomborn (31 M. Ackerland); Dalsheim (6 ½ M. Ackerland), Mölsheim (5 M. Ackerland); Gollheim (18 M. Wiese); Flomborn (49 M.), Wahlheim (24 M.), Großkarlbach (24 M.)[Anm. 15]. 1773 befand sich ein Teil der Wiesen in Gollheim im Selbstbau. In Erbbestand befand sich 1773 Land in Oberflörsheim (76 M.), Eppelsheim (65 M.) und Freimersheim (74 M.). Ab 1779 war nach Reif alles Land verpachtet.
Ein 1773 erstelltes Verzeichnis der vorhandenen Vorräte[Anm. 16]gibt gleichzeitig einen Einblick in die „Produktpalette“. Vorhanden waren 350 Haufen Korn (= Roggen), 183 Haufen Hafer, 160 Haufen Spelz, 143 Haufen Gerste, 100 Haufen Weizen, 37 Haufen Dinkel, je 18 Haufen Erbsen und Linsen sowie 10 Haufen Wicken. Daneben finden sich aufgelistet weitere 21 Mlt. Korn, 7 Mltr. Spelz, je 6 Mltr. Spelz und Hafer, 5 Mltr. Erbsen und 2 Mltr. Weizen.
Der Viehbestand wird 1773 beziffert mit sechs Pferden, zwei Stieren, sechs „Rindern“, 40 Ochsen, 17 Kühen, und 11 Schweinen.
Die Einnahmen im Jahr 1773 betrugen:
Geld/Jahr | 20 fl. 36 xr. | Grundzins |
10 fl. 10 xr. | Pfluggeld | |
Naturalien | ||
Federvieh | 51 Kapaunen, 11 Hühner, 4 Hähne | |
Wein | 6 Vtl. Treberwein aus Gundersheim | |
Korn (Roggen) | 24 Mltr. | j#hrliche Gült |
34 Mltr. | „vom Stammschaffner“ | |
56 Mltr. | Erbbestand | |
230 Mltr. | Temporalbestand | |
3 Mltr. | Temporalbestand in geraden Jahren | |
22 Mltr. | Temporalbestand in ungeraden Jahren | |
Gerste | 27 | |
6 | ||
Spelz | 209 Mltr. | Temporalbestand |
7 Mltr. | Temporalbestand in geraden Jahren | |
38 Mltr. | Temporalbestand in ungeraden Jahren |
Anmerkungen:
- Wyß I, S. 279 f. Zurück
- Wyß 2, S. 6 f. Zurück
- Wyß, 2, S. 79 f. Zurück
- Armgart/ Untermann, S. 332, Militzer, S. 294 Zurück
- Armgart / Untermann, S. 347 Zurück
- Braasch-Schwersmann, Wirtschaft, S. 30 Zurück
- vgl. Armgart / Untermann S. 343 Zurück
- Braasch-Schwersmann, S. 33 Zurück
- Braasch-Schwersmann, Wirtschaft, S. 31 Zurück
- Braasch-Schwersmann, Wirtschaft, S. 29 Zurück
- Arnold, Weinbau, S. 88 Zurück
- Vgl. Braasch-Schwersmann, Marburg, S. 31 Zurück
- Armgart / Untermann, S. 335 Zurück
- Armgart / Untermann, S. 337 Zurück
- Vgl. Reif, Oberflörsheim, S. 65 f. Zurück
- Reif, S. 66 Zurück
Empfohlene Zitierweise
Rommel, Martina: Oberflörsheim - Deutschherrenkommende. Wirtschaft - Besitz. In: Klöster und Stifte in Rheinland-Pfalz, URL: <http:⁄⁄www.klosterlexikon-rlp.de//rheinhessen/oberfloersheim-deutschherrenkommende/wirtschaft-besitz.html> (Letzter Aufruf: 18.03.25)