Klöster in Rheinhessen

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Die spätere Wüstung Gummersheim oder Gommersheim lag nördlich von Gau-Odernheim am linken Ufer der Selz. Erstmals wird der Ort schon am 21. September 771 in einer Schenkung an das Kloster Lorsch genannt.[Anm. 1].

Nur wenige Nachrichten sind von ihm überliefert, nach der Gründung des Klosters scheint der Ort wüst bzw. in Gau-Odernheim aufgegangen zu sein. Das der Gottesmutter und dem Evangelisten Johannes geweihte  Prämonstratenserinnenkloster Gummersheim wurde um das Jahr 1146 gegründet, nachdem das Metzer Hochstift St. Stephan[Anm. 2]  dem Grafen Ludwig III. von Arnstein zu diesem Zweck Besitzungen in Gummersheim geschenkt hatte.[Anm. 3] Das Kloster sollte, zumindest nach dem Willen der Stifter, frei von jeglicher weltlichen Vogtei und allen Rechten der Pfarrei Odernheim sein und nur zur Leistung des Zehnten an das Metzer Domkapitel verpflichtet sein. Graf Ludwig III., der letzte Graf von Arnstein, hatte 1139 seine Burg an der unteren Lahn in ein Prämonstratenserkloster umgewandelt und war dort selbst mit seiner Frau und einem Teil seines Dienstpersonals eingetreten. Dem Kloster Arnstein und seinem Abt war Gummersheim, welches im Oktober 1156 erstmals urkundlich erwähnt wird, als Tochterkloster unterstellt. Zu seiner Gründungsausstattung hat Graf Ludwig, der in Gummersheim am 28. Oktober 1185 während einer Reise zu den von ihm gegründeten pfälzischen Klöstern gestorben ist, sicher auch wesentlich beigetragen.

Ob sich die bei der Gründung verliehenen Privilegien in der Realität wirklich durchsetzen ließen, erscheint fraglich, doch hat Werner III. von Bolanden (nachweisbar 1195-1221) immerhin in einer undatierten Urkunde das Kloster Gummersheim von jeder Steuer, Bede und Belastung befreit.[Anm. 4]
Im 13. Jh. nahm Gummersheim einen beträchtlichen wirtschaftlichen Aufschwung und auch der Konvent scheint eine beachtliche Größe gehabt zu haben. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts, als diese Glanzzeiten schon längst überschritten waren, berichten Meisterin und Konvent, ihr Kloster habe einst einen Konvent mit mehr als 50 Schwestern gehabt.[Anm. 5] Diese Blütezeit dauerte bis ungefähr zur Mitte des 15. Jahrhunderts, danach durchlebte Gummersheim wie sehr viele andere Klöster eine Phase des wirtschaftlichen und spirituellen Niedergangs. Erschlaffen der Disziplin, zahlreiche kriegerische Ereignisse und gravierende Seuchen waren hierfür verantwortlich.  Ein für das Kloster besonders einschneidendes Jahr war 1367, in welchem außer dem Prior Laurentius und dem Pfarrer Heinrich von Bubenheim auch die Meisterin Elisabeth, die Priorin Odilia und weitere 15 namentlich genannte Schwestern wahrscheinlich an der Pest gestorben sind.[Anm. 6] Schwerwiegend war dabei nicht nur die große Lücke, die die Seuche im Konvent riss, besonders folgenreich war es in dieser ohnehin schwierigen Zeit, dass ihr das gesamte, mit  Verwaltung und Wirtschaftsführung erfahrene Führungspersonal des Klosters zum Opfer fiel.
In der Mitte des 16. Jhs. unternahm das Mutterkloster Arnstein mehrere Reformversuche, denen aber immer nur ein vorübergehender Erfolg beschieden war. Im Jahrhundert der Reformation gab es im Kloster keine wirkliche Reformbereitschaft mehr. Für die meisten Schwestern war das Kloster nur noch eine Versorgungsanstalt, wo sie ein relativ freies Leben mit Privateigentum und ohne strenge Klausur führen wollten.
Erst durch das Eingreifen von Pfalzgraf Philipp (1476-1508) war es möglich, in Gummersheim eine  wirkliche Reform durchzuführen; diese diente letztlich aber nur dazu, das Kloster nahezu völlig dem pfalzgräflichen Einfluss auszuliefern.[Anm. 7] 1485 verbot der Pfalzgraf dem Abt von Arnstein jeglichen Eingriff in die weltlichen Belange des Klosters, er und sein Prior seien alleine für die geistlichen Belange der Schwestern zuständig. Der Prior solle vor seinen Amtleuten und dem Rat von Gau-Odernheim über Einnahmen und Ausgaben Rechenschaft ablegen. Diese neue Rolle, die den pfalzgräflichen Amtmännern und auch dem Rat der Stadt Gau-Odernheim zufiel, war für diese eine willkommene Gelegenheit, um nun auch in die inneren Angelegenheiten des Klosters einzugreifen. Im Jahre 1501 etwa vertrieb der Amtmann Friedrich Kessler von Sarmsheim seine Cousine, die Meisterin Apollonia Kessler von Sarmsheim, aus dem Kloster, da sie angeblich Schlechtes über ihn geredet habe.[Anm. 8] Ab 1510 kam es dann mit der Stadt wegen Verstößen gegen klösterliche Privilegien zu einem jahrelang anhaltenden Konflikt.[Anm. 9]
Die zahlreichen kriegerischen Auseinandersetzungen dieser Zeit brachten das Kloster in noch tiefere materielle Not. Ende Juni 1504 wurde es völlig ausgeplündert, die Flucht der Schwestern mit ihrer beweglichen Habe in die Stadt Gau-Odernheim nutzte ihnen nicht viel, da auch diese kurz danach erobert wurde. Nur wenig später, kurz vor 1512, wurde das Kloster erneut ausgeraubt und teilweise eingeäschert.

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Anmerkungen:

  1. http:digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/gloeckner1933bd2/0361. Siehe auch: Karl Glöckner (Hrsg.) Codex Laureshamensis 2,1, S. 353 Nr. 1193. Darmstadt 1933. Zurück
  2. Nach dem Bericht der Lebensbeschreibung des Grafen Ludwig III. von Arnstein waren es Ministerialen des Metzer Hochstifts Zurück
  3. Simon Widmann (Hrsg.), Die Lebensbeschreibung des Grafen Ludwig III. von Arnstein. In: Nassauische Annalen 18 (1883/84) S. 244-266, hier S. 260. Zurück
  4. Stephan Alexander Würdtwein, Monasticon Palatinum 5, S. 403-406, Nr.96 und 97. Mannheim 1796 Zurück
  5. Krings, Frauenklöster Prämonstratenser, S. 156f. Zurück
  6. So ein Eintrag im Arnsteiner Nekrolog zum 25. Juni 1367; siehe Krings, Frauenklöster Prämonstratenser, S.158 Zurück
  7. Siehe hierzu Krings, Frauenklöster Prämonstratenser, S.161 Zurück
  8. Krings, Frauenklöster Prämonstratenser, S.161f. Zurück
  9. Siehe Gredy, Geschichte der ehemaligen freien Reichsstadt "Odernheim", S.302-310; Krings, Frauenklöster Prämonstratenser, S.162f. Zurück

Empfohlene Zitierweise

Schmid, Reinhard: Gau - Odernheim (Gummersheim, Petersberg). In: Klöster und Stifte in Rheinland-Pfalz, URL: <http:⁄⁄www.klosterlexikon-rlp.de//rheinhessen/gau-odernheim-gummersheim-petersberg.html> (Letzter Aufruf: 28.03.24)