Klöster in Rheinhessen

Zur Übersichtskarte der Region

Im Mauritiusstift bestanden drei Dignitäten: Propst, Dekan und Scholaster sowie Kanonikate, deren Zahl schwankte. P.Heinig verweist darauf, dass ein Bruder des Erzbischofs Gerhard Wildgraf von Daun (1251/1259)) Domkustos gewesen sei und mit Hilfe seines Bruders auch die Dignität des Propstes von St.Mauritius erlangt habe[Anm. 1]. Im Jahr 1655, so R.Decot,  kam es bezüglich der Besetzung der Dignität des Propstes zwischen der römischen Kurie und dem Erzbischof von Mainz zu Auseinandersetzungen, da die Kurie das Besetzungsrecht für sich beanspruchte. 

Offenbar, so J.Semler, versetzte Erzbischof Ruthard (1089/1109) Kanoniker vom Disibodenberg, die ihre Aufgabe vernachlässigt hatten, in das Mauritiusstift und setzte an ihre Stelle Mönche[Anm. 2].

Im 18.Jh. bestanden am Stift neben den Dignitäten acht Kanonikate[Anm. 3]. Der Staatskalender des Erzstifts Mainz nennt für das Jahr 1740 außer den Dignitäten des Propstes, Dekans und Scholasters namentlich sieben Kapitulare. In manchen Jahren werden auch Domizellare (Pfründenanwärter) erwähnt. In der letzten Ausgabe des Staatskalenders (1797) finden sich neben den genannten Dignitäten die Namen von fünf Kapitularen notiert.

Wie in anderen Stiften sind auch im Stift St.Mauritius in allen Jahrhunderten Mehrfachbepfründungen nachzuweisen. Propst Heinrich Leubig (* um 1400 in Nordhausen – 8.8.1472 Meißen) etwa war nicht zuletzt außerhalb Mainz befründet; so war er seit 1428 Domherr in Meißen und gleichzeitig Schreiber an der sächsischen Kanzlei, deren Kanzler er 1432/38 war. Zwischen 1438 und 1441 war er Kanzler des Erzbischofs von Mainz; 1441/42 Protonotar der königlichen Kanzlei in Wien. Von 1442 bis 1444 stand er wiederum in Mainzer Diensten. Kanonikate besaß er in Meißen (dort 1463-1472 Domdekan), Naumburg (dort 1454-1463 Propst), Heiligenstadt (St.Martin, dort ca. 1440-1444 Propst), Nürnberg (1439, Vikar an St.Katharinen, 1444 Verwalter der Pfarrei St.Sebald), Regensburg, Forchheim (Propst) und Mainz (St. Mauritius, St.Viktor, Maria ad gradus/ Liebfrauen und St.Peter). Um 1460 erlangte er „für „einige Jahre“ (Opfermann, S. 83) das Amt des Propstes am Stift St.Marien in Erfurt. Sein Grabmal soll sich laut Opfermann im Meißener Dom erhalten haben.

Vikarien bestanden wegen der geringen Einkünfte des Stiftes nicht.

Der Propst des Stifts war Archidiakon; das Archidiakonat umfasste die Pfarreien Eltville, Erbach Hallgarten, Hattenheim, Kiedrich, Mittelheim, Neudorf, Oberwalluf, Oestrich, Rauenthal. Steinheim, Aßmannshausen, Eibingen, Geisenheim, Marienthal, Lorch, Rüdesheim, Winkel, Bärstadt, Kemel, Langen-Schwalbach, Ober-Gladbach. Nieder-Gladbach und Oberheimbach[Anm. 4].

Der Stiftsherr Anthonius Drapp unternahm 1497 eine Wallfahrt nach Palästina. Ein Stiftsherr Hebelin von Heimbach verfasste um 1500 eine Chronik von Mainz. Eine interessante Persönlichkeit ist Adolph Gottfried Volusius. Geboren wurde er 1617 als Sohn eines reformierten Predigers in Neu-Hanau. Er studierte zunächst protestantische Theologie, beschäftigte sich dann aber intensiv mit katholischen Schriften. Als Prädikant in Neu-Hanau (ab Januar 1638), geriet er bald in Konflikt, da seine Predigten als „katholisierend“ betrachtet wurden und er sich positiv zur Marienverehrung äußerte, weshalb er sich vor dem zuständigen Synodalgericht verantworten musste, von dem er „theologisch examiniert“ wurde[Anm. 5]. Nachdem er, um weiteren Konflikten zu entgehen, in kurmainzisches Gebiet geflohen war, ließ er sich am 22.6.1638 in Mainz nieder und konvertierte im gleichen Jahr zum katholischen Glauben. Erzbischof Anselm Kasimir Wambold zu Umstadt sandte ihn zum Studium der katholischen Theologie nach Rom (Collegium Germanicum), wo er selbst studiert hatte. Nachdem Volusius in Rom die Priesterweihe empfangen hatte und in die Erzdiözese Mainz zurückgekehrt war, wurde er 1642 Pfarrer in Heppenheim. Als solcher trug er in der Zeit konfessionellen Umbruchs maßgeblich zur „Festigung des Katholizismus an der Bergstraße“[Anm. 6]bei.
Im Jahr 1643 wurde Volusius zum Dr. theol. promoviert und trat 1645 das Amt des Dompfarrers in Mainz an. Ein Kanonikat im Stift St.Mauritius erhielt er 1646, 1651 wurde er Dekan; wie viele Kanoniker war auch er an mehreren Stiften bepfründet, so am Mainzer Liebfrauenstift (Mariengreden), wo er Scholaster (1646) und Dekan (1663) war. Ebenso bekleidete er Ämter an der Mainzer Universität. Erzbischof Johann Philipp von Schönborn (1647/1673) berief ihn an das Generalvikariat. wo er als Siegler (ab 1657) und Konsistorialrat tätig war. Nachdem Erzbischof Johann Philipp von Schönborn von Theologen ein Gutachten bezüglich der Möglichkeit der Gewährung des Laienkelches gefordert hatte, wurde im Juni 1660 eine Eingabe mit dem Gesuch um Erlaubnis, die Kommunion unter beiderlei Gestalt, d.h. des Brotes und des Weines, empfangen zu dürfen, an Nuntius Mario Galli gerichtet. Zu den Unterzeichnern der Bitte, von deren Gewährung man eine Versöhnung der Konfessionen und nicht zuletzt im Erzbistum die Rückkehr der Stadt Frankfurt zum Katholizismus erhoffte, gehörte auch Volusius.
Volusius verfasste einen Catechismus biblicus minor (1660, 1661 in deutscher Sprache) als „Handbuch zur Unterweisung des Volkes“[Anm. 7] sowie – als Bearbeitung der bereits vorliegenden Übersetzung von Casar Ulenberg- eine deutsche Bibelübersetzung, die Catholische Mayntzische Bibel (1662) sowie ein Mainzer Proprium (1664). Die Bibelübersetzung wurde allerdings durch den Erzbischof, der sich, da er im Vorfeld nicht in das Projekt eingebunden war, übergangen sah, verboten.
Erzbischof Damian Hartard von der Leyen (1675/1678) bestimmte Volusius zum Weihbischof für den thüringischen Teil des Erzbistums; die Ernennung zu diesem Amt und damit die Ernennung zum Titularbischof von Diocletiana erfolgte am 22.6.1676.
Am 17.3. (nach anderer Lesart 13.3.) 1679 starb Volusius in Mainz und wurde in Mariengreden (Liebfrauen) beigesetzt.

Anmerkungen:

  1. Vgl. Heinig, S. 353 Anm. 31 Zurück
  2. Vgl. auch P.Acht, Mainzer Urkundenbuch 2.1, Nr. 96 Zurück
  3. Vgl. Severus, S. 37 Zurück
  4. Vgl. Wagner-Schneider, S. 386 Zurück
  5. Jürgensmeier, S. 341 Zurück
  6. Egler, S. 778 Zurück
  7. Egler, S. 788 Zurück

Empfohlene Zitierweise

Rommel, Martina: Mainz - St. Mauritius. Mitglieder. In: Klöster und Stifte in Rheinland-Pfalz, URL: <http:⁄⁄www.klosterlexikon-rlp.de//rheinhessen/mainz-st-mauritius/mitglieder.html> (Letzter Aufruf: 24.04.24)