Klöster Eifel-Ahr

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Bau- und Kunstgeschichte

Aufbau der Klosteranlage

0.2.Stiftsgebäude

Detailliertere Informationen über die Zeit und Rahmenbedingungen bei der Errichtung des Stiftsgebäudes liegen nicht vor. Die Quellenlage ist sehr dünn. Heutige Reste lassen den Schluss zu, dass das Gebäude wohl über Refektorium, Kapitelsaal, Dormitorium und einen Kreuzgang verfügt haben musste.

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0.3.Kirche

St. Martin - Chor[Bild: Karl Kinne und Gustav Rittstieg]

Die Christianisierung der Moselregion durch die Missionare Castor und Lubentius machte eine Erweiterung bereits existierender oder die Errichtung neuer Kirchenbauten notwendig. So wurden u. a. zu Ehren des Hl. Martin von Tours allein unter dem Trierer Erzbischof Magnerich (573-596) vier Kirchen in der Grafschaft Chiny, eine auf dem Marsberg bei Trier, eine dritte am Moselufer bei Trier und die „vierte auf dem Berg bei Karden“ errichtet. Nach Überlieferungen in den „Gesta Treverorum“ wird die Errichtung  Erzbischof Modoald (622-640/9) zugeschrieben. So ist eine Weihe für 640  zur Zeit Modoalds tradiert. Vom ältesten Gotteshaus in Münstermaifeld liegen keine weiteren verlässlichen Daten vor.

Bei der Kirche St. Martin handelt es sich um eine dreischiffige Basilika mit mächtigem Querhaus. Das Westwerk des ursprünglichen romanischen Gotteshauses besteht aus einem rechteckigen, dreigeschossigen Turm mit einem Zelt- oder Walmdach, der von zwei runden, den Hauptturm um ein Geschoss überragenden Treppentürmen mit kegelförmigem Dach flankiert wird. Das Mauerwerk besteht aus Bruchstein (Grauwacke), der im Ziegelverband geschichtet ist. Die Gliederung mit Lisenen und Rundbogenfriesen ist in Trierer Buntsandstein ausgeführt. Für die spätgotische Bekrönung des Westwerks ist Tuff verwendet worden, für die Zwischenstützen, Kämpfer, Solbänke und anderen gliedernden Teile Basaltlava.
Das Untergeschoss der Türme, durch Lisenen und Bogenfriesen gegliedert, ist von einem heute vermauerten Rundbogenportal mit einem Fenster darüber durchbrochen. Im dritten Geschoss hat der Mittelturm zwei Lichtöffnungen in Gestalt von gekuppelten Rundbogenstellungen (Biforen), die in kleinerem Maßstab im vierten Geschoss der beiden Treppentürme wiederkehren.
Dem Westwerk war wohl ursprünglich ein Atrium vorgelagert gewesen, ein von Säulen umgebener Vorhof.
Der gotische Chor besteht aus einem Sockelgeschoß, einem Fenstergaden, einer Zwerggalerie und einem Kranz von Giebeln mit Kleeblattbogenblenden. Das Hauptportal des gotischen Münsters befindet sich auf der Südseite in der Höhe des ersten Langhausjochs.
Die dazu gehörige Kirche wurde nach Mitte des 13. Jahrhunderts durch das bestehende gotische Langhaus und Querschiff ersetzt. Vorher ist der stattliche Chorbau errichtet worden, eine Chorgeviert mit fünfseitiger Apsis, ganz in der Tradition der kölnisch-rheinischen Spätromanik. Der Aufbau erfolgte in drei Geschossen, unten kantige Lisenen mit Bogenfriesen, darüber große Spitzbogenblenden, Zwerggalerie mit Zwillingsbögen, Giebel über den Apsis-Seiten sowie Faltdach.
Auch das Innere der Apsis ist sehr charakteristisch mit betontem Geschossaufbau und einem Laufgang vor den Fenstern. Die Eckdienste verlaufen senkrecht.  

Die horizontale Geschosstrennung durch Gesims und Bogenfries ist sehr wirksam. Die Senkrechten werden durch viele Schaftringe unterbrochen. Ein muschelartiges Fünfkappen-Gewölbe fügt die Apsis wie eine große Nische zusammen. Die sehr dünnen Rippen verdeutlichen diese Form des Gewölbes, haben aber keinerlei strukturelle Kraft im Sinne der Gotik. Es ist bemerkenswert, wie bruchlos trotzdem dieser spätromanische Chor in die gotischen Bauteile übergeführt ist. ( Kirchen, Dome und Klöster, 1982).

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0.4.Grabmale

An der Nordwand des mittleren nördlichen Seitenschiffjochs befindet sich vor einer flachbogigen Wandnische, die alle Figuren aus Tuff hinter dem Sarkophag aufnimmt, das sog. Hl. Grab vom Anfang des 16. Jh.. Zum Figurenprogramm gehören sieben Figuren und der Leichnam Christi. Mit Ausnahme von wenigen minimalen Beschädigungen befinden sich die Figuren in einem guten Zustand. An der Wand oberhalb der Grablegung fällt der Blick auf eine Christusfigur als Schmerzensmann, assistiert rechts und links von je zwei Engeln mit Leidenswerkzeugen. Bekrönt werden die fünf Figuren von reichem gotischen Maßwerkzeug aus Tuff.
Wenn auch in Körperhaltung und Bekleidung vier Figuren der Münstermaifelder Gruppe künstlerische Annäherung an die Grablegung im Mainzer Dom vermitteln, so ermöglicht das Kunstwerk von der Mosel keine Zuschreibung.
Im südlichen Querschiff hat das Wandepitaph des Kanonikers Christoph Heidger (+ 1572) Aufstellung gefunden. Es ist aus Tuff gearbeitet und misst 1.30 x 2 m. Das farbig gefasste Relief zeigt den Guten Hirten, vor dem der Verstorbene kniet.

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0.5.Materielle Kulturgeschichte, Bauausstattung

0.5.1.Altar

Das Retabel hinter dem Hochaltar stand bis zu seiner Instandsetzung 1932 im nördlichen Seitenchor. Es handelt sich dabei um den spätgotischen Hochaltaraufsatz, der Anfang des 16. Jahrhunderts in Antwerpen hergestellt wurde.

Nach der Art der spätmittelalterlichen Flügelaltäre weist er ein reich vergoldetes, geschnitztes Mittelstück auf, das mit bemalten Flügeln verschlossen werden kann. Die einzelnen Szenen des inneren Altars schließen sich zu einem einheitlichen Zyklus zusammen, der das Leben Christi und Maria beschreibt. Malereien und Schnitzereien ergänzen sich fortlaufend.
In der unteren Reihe werden links auf dem Flügel Marias Tempelgang und den hl. Josef mit dem blühenden Stab geschildert, in der linken Seite des Schreins Verkündigung und Heimsuchung. Die Mittelgruppe zeigt den schlafenden Jesse von Propheten umgeben.
Auf der rechten Seite des Altars sind die Geburt Christi und die Anbetung der Könige dargestellt. Die Flucht nach Ägypten und der bethlehemitische Kindermord schließen sich auf dem linken Flügel an. Darüber, wieder auf dem linken Flügel beginnend, werden die Gefangennahme und darüber die Geißelung dokumentiert, weiter die Szene des Ecce Homo, dann im linken Teil des Schreins die Kreuztragung. Auf ihrer Umrahmung illustrieren winzige Grüppchen noch einmal die Darstellung der Geißelung und die Dornenkrönung.
Im Mittelschrein in der Mitte steht die barocke Figur des hl. Abtes Antonius. Den ganzen oberen Teil des Mittelschreins füllt die figurenreiche Gruppe der Kreuzigung aus, die von der Wurzel Jesse, dem Stammbaum Christi, eingerahmt wird. Es folgt im rechten Teil des Schreins die Kreuzabnahme.In den kleinen Darstellungen auf dem Rahmen erscheint (links) Jesus nach der Auferstehung seiner Mutter und (rechts) als Gärtner Maria Magdalena. Auf dem rechten Flügel werden die Grablegung und die Auferstehung thematisiert und in der Spitze erneut der Besuch des auferstandenen Heilands bei seiner Mutter.
Von den Malereien auf der Außenseite gehören in diesen Zyklus im oberen Teil des rechten Flügels die Auferweckung des Lazarus und im linken Flügel die Szene am Teich Bethseda.
Bei geschlossenen Flügeln zeigt das Mittelbild die Messe des hl. Papstes Gregor des Großen, dem nach der Legende der Heiland bei der Messe erschienen ist. Umgeben von Bischöfen und Kardinälen feiert der hl. Gregor das hl. Messopfer. Über dem Altar wird Christus als Schmerzens-mann inmitten seiner Leidenswerkzeuge gezeigt. Während das Mittelbild das Messopfer in seiner Begründung und Auswirkung dokumentiert, präsentieren die Seiten die Vorbilder, rechts die Mannalese und links das Opfer Melchisedechs.
Kurzfassung Bildtext: Der spätgotische Hochaltaraufsatz weist ein reich  vergoldetes Mittelstück auf, das mit bemalten Altarflügeln verschlossen werden kann. Die einzelnen Szenen der inneren Altars beschreiben das Leben Christi und Maria, während das Mittelbild der geschlossenen Flügel   die Messe des hl. Papstes Gregor der Große, die Seitenbilder Vorbilder des hl. Messopfers, das Manna und das Opfer des Melchisedech darstellen.
1744 musste der Goldaltar einem mächtigen Barockaltar weichen und fand  im Nordchor Aufstellung. Vom Barockaltar sind noch drei 1725 angekaufte Holzstatuen erhalten: die Muttergottes, der hl. Martinus mit Bettler sowie der hl. Severus.

Vor der Rückwand des rechten Seitenschiffs befinden sich der hl. Augustinus, in der Taufkapelle der hl. Johannes der Täufer.

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0.5.2.Kelche, Monstranzen, weitere liturgische Geräte

Eine eucharistische Taube (Peristerion), Limoges 13. Jahrhundert dient als Zimborium. Sie kann wohl 20 Spezies aufnehmen und hat die Jahrhunderte bis heute unbeschädigt überstanden. Sie ist eine in Bronze gegossene, vergoldete und mit kostbaren Emailarbeiten geschmückte Taube.  1723 und 1802 wurde in großem Umfang Altarsilber aus der Kirche gestohlen. Vorhanden sind noch drei Kelche, von 1762 und aus dem 19. Jahrhundert. Eine barocke Monstranz aus vergoldetem Messing stammt aus dem 18. Jahrhundert.

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0.5.3.Orgel

Angesichts des schlechten Zustands der alten gotischen Orgel schloss am 11. März 1721 das Stiftskapitel mit dem Orgelbaumeister Johann Michael Stumm einen Vertrag über die Lieferung der ersten selbständig gebauten „Königin der Instrumente“. Das alte Instrument befand sich als eine sog. „Schwalbennest-Orgel“ an der nördlichen Hochschiffwand im ersten Joch des Langhauses. Die neue Orgel war für die Westseite der Kirche auf einer neu zu errichtenden Empore geplant. Wegen verschiedener  Beratungen vor allem über den neuen Standort des Instruments kam es zu einer Vertragserweiterung. Sie sah eine größere Disposition für eine größere Orgel vor. Am 24. Dezember 1722 erfolgte die Abnahme durch zwei Organisten aus Münstermaifeld und Mayen. Beide stellten übereinstimmend fest „dass das gantze werck wegen seiner perfection und gegebener prob höchst zu rühmen“ sei.

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0.5.4.Glocken

Die Stiftskirche besitzt noch drei Glocken aus früheren Jahrhunderten: Die älteste wurde am 27. Juli 1397 von Jan von Trier gegossen. Es ist die sog. Sturm- oder St. Martinsglocke (Gewicht 35 Zentner, Ton: es) Ihre Inschrift lautet: „Tu rex gloriae, Christe, veni cum pace „ (Du König der Herrlichkeit, Christus, komme mit Frieden).
Die 25 Zentner schwere Marienglocke aus einer Hachenburger Gießerei stammt aus dem Jahr 1466, mit dem Ton „F“ und der Inschrift „Maria heißen ich, all bös Wetter vertreiben ich“.
Aus der gleichen Gießerei stammt die sog. Abendglocke (10 Zentner) mit der Inschrift „Ave Maria gratia plena“. Sie trägt die Jahreszahl 1446 und ist auf den Ton „As „ gestimmt.
Im ersten Weltkrieg mussten zwei 1866 in Neuwied gegossene Glocken abgeliefert werden. Die Ergänzungsglocken aus den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts wurden im 2. Weltkrieg abgegeben. Erst 1955 konnte das Geläut wieder durch die Gießerei Mabillon, Saarburg, vervollständigt werden. In dem kleinen, später angebauten Dachreiter hängt das sog. „Ginkesglöckchen“. Früher wurde es zur Angabe der Uhrzeit eingesetzt. Heute kündet es die hl. Wandlung an. Diese kleine Glocke wurde 1485 in Andernach gegossen.

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0.5.5.Wandmalereien

Ein über acht Meter hohes Wandgemälde an der Nordwand des Querhauses aus der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts zieht nicht nur wegen seiner Monumentalität den Blick der Besucher auf sich. Dargestellt ist Christopherus, der frontal, barfuß, in liturgisch anmutenden Gewändern die Kirchgänger zu fixieren scheint. In der linken Armbeuge sitzt segnend ein Jesuskind mit einem statuarischen Gesichtsausdruck.
Als Altarbild hinter der Mensa im südlichen Querhaus gibt es eine gemalte Kreuzigung mit Maria, Johannes, Longinus und Magdalena, um 1500 (Dehio),  darüber Passionsszenen von 1396, in Temperafarben, vorwiegend tiefes Rot, Blau und Grün, in Stuck aufgetragen Heiligenscheine.
Die Pfeilerbemalungen des Langhauses stellen Epitaphe verstorbener Kanoniker dar:.
dritter Pfeiler rechts Eingangsseite: hl. Wendalinus mit Hirtenstab, Lamm und niedergelegter Königskrone, Anfang 15. Jh.; zweiter Pfeiler rechts (Altarseite): St. Augustinus, zwischen 1400 - 1450; dritter Pfleiler rechts, Altarseite: St. Johannes der Täufer mit dem Lamm Gottes, auf dem Rundpfeiler: Tannenwald mit Uhu in der Kronen, Ende 15. Jh.; dritter Pfleiler links, Altarseite:  oben St. Martin zu Pferde und Bettler, 1429 (1577 erneuert), unten St. Severus mit Kelch und Hostie in ornamentiertem Meßgewand, Dechant Jacob Kurzer, 1429; zweiter Pfeiler links Altarseite: Marias Besuch bei Elisabeth, auf den Spruchbändern das "Magnificat"; linker Rundpfeiler-Teppich: Versuchung des hl. Antonius; rechter Rundpfeiler: Einhorn- und andere Jagdszenen mit Landschaften, jeweils von 1472.

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Empfohlene Zitierweise

Brauksiepe, Bernd: Münstermaifeld - Stiftskirche St. Martin und St. Severus. Bau- und Kunstgeschichte. In: Klöster und Stifte in Rheinland-Pfalz, URL: <http:⁄⁄www.klosterlexikon-rlp.de//eifel-ahr/muenstermaifeld-stiftskirche-st-martin-und-st-severus/bau-und-kunstgeschichte.html> (Letzter Aufruf: 16.04.24)