Geschichtlicher Abriss Stift St. Kastor

Stiftsgeschichte

Ansicht von Koblenz 1632[Bild: Michael Imhof]

Schon bald nach der Weihe von St. Kastor fanden hier im Jahre 842 Gespräche über eine Teilung des Reiches zwischen Gesandten Ludwigs des Deutschen, Karls des Kahlen und Lothars I. statt, die dann ein Jahr später im Vertrag von Verdun verwirklicht wurden. Auch im Juni 860 stand St. Kastor nochmals im Zentrum reichspolitischen Geschehens, als hier „in secretario basilicae sancti Castoris“ – wahrscheinlich im Kapitelsaal des Kastorstift – elf Bischöfe, zwei Äbte sowie 33 Männer vom Adel zu Friedensgesprächen zusammenkamen, die eine Versöhnung zwischen Ludwig dem Deutschen, Karl dem Kahlen und Lothar II. herbeiführen sollten (siehe Pauly, Die Kirche in Koblenz, S. 188).
Im Jahre 882 wurde St. Kastor möglicherweise bei einem Normannenüberfall auf Koblenz zerstört, was den Überlieferungsbruch bis zur Mitte des 11. Jahrhunderts gut erklären würde. Auch der Neubau des Westwerks der Kastorkirche wohl im zweiten Viertel des 11. Jahrhunderts, allerdings in kleinerem Umfang und unter Wiederverwendung der karolingischen Kapitelle und der Neubau des Chorhauptes zwischen 1147 und 1158, würden gut zu dieser Annahme passen. Auch in den Kämpfen zwischen Philipp von Schwaben und Otto IV. am Ende des 12. Jahrhunderts wurde das außerhalb der Stadtmauer liegende St. Kastor bei der Zerstörung von Koblenz 1199 wohl stark in Mitleidenschaft gezogen; die Kirche musste zumindest teilweise neu errichtet werden und wurde 1208 durch Erzbischof Johann I. von Trier (1189-1212) neu geweiht.
In den Jahren zwischen 1456-1466 kam es zu langwierigen Auseinandersetzungen zwischen dem Stift St. Kastor mit Erzbischof Johann II. von Baden und der Stadt Koblenz wegen der durch Dekan und Stift von St. Kastor ausgeübten geistlichen Gerichtsbarkeit in Koblenz und einigen umliegenden Orten (siehe hierzu Goldmann, S. 409-498).

Nachnutzung

Die Stiftsgebäude und der romanische Torbau zum Friedhof wurden kurz nach 1802 abgebrochen.
1830 wurde mit einer kompletten Innenrenovierung begonnen, die infolge Geldmangels zunächst zum Erliegen kam und erst nach Zuwendungen, u.a. von König Friedrich Wilhelm IV., 1848/49 fortgeführt werden konnte. In dieser Zeit entfernte man die barocke Ausstattung und die Chorschranke. Anfang der 1850er malte Joseph A. Settegast die Kirche aus, doch ist von den großflächigen Wandmalereien seit 1928 nur noch das Apsisgemälde erhalten. 1890-95 wurden das rechte Seitenschiff und die südliche Sakristei erneuert.
Am 6. November 1944 erlitt die Kirche starke Beschädigung nach einem Bombenangriff, Dächer und die Orgel wurden zerstört. Nach Beseitigung der Kriegsschäden begann 1948 eine 25-jährige Renovierungsphase, wobei auf die Wiederherstellung der Westempore und des Orgelprospekts von 1728 verzichtet wurde. Auch an den Türmen wurden in den Jahren 1979 bis 1990 umfangreiche Sanierungs- und Restaurierungsarbeiten vorgenommen. In dieser Zeit erfolgten umfassende statische Sicherungen und Restaurierungen am gesamten Bauwerk, die 2003 abgeschlossen werden konnten.

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Empfohlene Zitierweise

Schmid, Reinhard: Koblenz - Stift St. Kastor. Geschichtlicher Abriss. In: Klöster und Stifte in Rheinland-Pfalz, URL: <http:⁄⁄www.klosterlexikon-rlp.de//mittelrhein-lahn-taunus/koblenz-stift-st-kastor/geschichtlicher-abriss.html> (Letzter Aufruf: 28.03.24)