Religiöses und spirituelles Wirken

0.1.Einfluß auf andere Institutionen

Im 16. Jahrhundert erlangte Eberhardsklausen im Verband der Windesheimer Kongregation eine hervorgehobene Stellung. Es wurde selbst bei Klöstern, die nicht dem Windesheimer Verband in der näheren und weiteren Umgebung direkt unterstellt waren, mit der Betreuung im Sinne reformerischer Ansätze mandatiert:

Eberhardshausen war auch im 17. und 18. Jahrhundert in der Windesheimer Kongregation gut angesehen. 1786 kam es zur Auflösung der Kontakte zur Kongregation. Anlass für den Abbruch war die Entscheidung des Prälaten Otto (1768-1792), der für die Selbst-Isolierung seines Konvents die Kirchenpolitik Erzbischofs Clemens Wenzeslaus (1768-1794) verantwortlich machte. Der Erzbischof hatte 1784 verboten, Wallfahrten nach Eberhardshausen von weiter entfernt liegenden Orten durchzuführen. Dies machte in den Gemeinden vor allem an der Mosel böses Blut.
Der eigentliche Grund für die Abkapselung Eberhardsklausens lag jedoch im Fehlverhalten des Prälaten, der die letzte Visitation im Jahre 1779 nicht durchgeführt hatte. Um sich wegen des eindeutigen Verstoßes nicht verantworten zu müssen, kam Prälat Otto den Einladungen zum Generalkapitel nicht mehr nach.
Auch in wirtschaftlicher Hinsicht spielte Prälat Otto seinem Kloster übel mit.

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0.2.Konventsmitglieder als Visitatoren

Das Generalskapitel zog Priore von Eberhardsklausen für Visitationen heran. Für den Zeitraum von 1562 bis 1767 wurden über 12 Besuche bezeugt in Abtei Marbach (Diözese Basel), Kloster Frenswegen (Diözese Münster), Kloster Rebdorf (Diözese Eichstätt), Kloster Dalheim (Diözese Paderborn) und das Heiligleichnamkloster Köln. Ein Beschluss des Generalkapitels von 1561 beauftragte im Verhinderungsfall den Ordensoberen von Eberhardsklausen mit der Vertretung des Provinzpriors der Provinz „Germania“. Nach dem Scheitern weiterer Organisationsverbesserungen konnten ab 1586 „hervorragendere“ Gründungen bei kleineren Einrichtungen im regionalen Umkreis beratende und auch konkrete Aufsichtsmaßnahmen wahrnehmen. Die in den Territorien Trier und Mainz gelegenen Häuser wurden Eberhardsklausen unterstellt.

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0.3.Leiter anderer Einrichtungen

Ab der Mitte des 16. bis zum Ende des 18. Jahrhunderts wurden Konventsmitglieder von Eberhardsklausen auch in andere Klöster der Kongregation versetzt. Da beim Eintritt in ein Kloster der Kongregation keine sog. Stabilitätsversprechen abgegeben wurden, waren Versetzungen nicht ungewöhnlich. Gemäß den Statuten konnte ein solcher Vorgang mit Zustimmung des Generalkapitels auch „zur Aushilfe“ erfolgen. Nach Dohms wurden entsandte Konventsmitglieder zum Teil mit recht bedeutsamen Ämtern betraut.

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0.4.Seelsorge

Der junge Wallfahrtsort war bei der Bevölkerung sehr beliebt. Der zunehmende Bedarf an seelsorgerischer Betreuung der Pilger und Wallfahrer machte entsprechende Vorkehrungen notwendig. Ob und wie sich dies auch bei der Wahl von Erzbischof von Sierck auswirkte, statt der bereits agierenden Kapuziner  Augustiner-Chorherren der Windesheimer Kongregation zu berufen, ist angesichts der spärlichen Quellenlage nicht weiter zu klären. Denn für Dohms stand die Windesheimer Kongregation - im Vergleich zu anderen Augustinerverbänden - seelsorgerischen Aktivitäten eher distanziert gegenüber. So ließen sich nur vereinzelt Pfarrdienste aufweisen, die von Eberhardshausen in der näheren oder weiteren Umgebung geleistet wurden. Im Vordergrund des Interesses stand vielmehr das weltabgewandte Klosterleben. Vereinzelte Zeugnisse einer allgemeinen Öffnung der Kongregation waren erst seit dem 17. Jahrhundert zu verzeichnen. Ein Visitationsprotokoll von 1699 erinnerte die Kanoniker an ihre Pflicht, monatlich 25 Messen zu lesen. Dafür konnten sie von der Matutin (nächtliches Stundengebet) befreit werden.
Um die Qualität der Predigten vor Pilgern und Wallfahrern sicherzustellen, wählte die Klosterleitung  besonders eloquente Kanoniker aus.
Zur seelsorgerischen Öffnung des Klosters zählte auch, dass Kanoniker aus Eberhardshausen zunehmend auswärts tätig wurden, so in Osann (Wittlich), im Kloster Ravengiersburg, in Oberhilbersheim/Rheinhessen, Badenheim/Bad Kreuznach und in Kesten/Wittlich.

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0.5.Zugehörigkeit zu Reformbewegungen

Die religiöse Haltung und Erneuerungsbewegung der Devotio moderna fußte auf dem Werk des Gerhard Groote. Sie hatte ihren Ursprung in den Niederlanden und verbreitete sich vornehmlich in Nord-, Mitteldeutschland und am Niederrhein. Es war wohl der letzte größere Versuch im „Herbst des Mittelalters“ (Huizinga), vor der Reformation den Verfallserscheinungen in der Kirche zu begegnen. Eine organisatorische Form in der Devotio moderna war von den Brüdern vom gemeinsamen Leben gegründet worden. Eine andere Gemeinschaft wurde vom Kloster Windesheim in den Niederlanden initiiert und auch danach benannt: die Windesheimer Kongregation, der sich die Augustiner-Chorherren in Eberhardshausen angeschlossen hatten.
In diesen Gemeinschaften ging es weniger um tiefe theologische Disputationen, sondern mehr um die Erneuerung der geistlichen Lebenspraxis. Das zentrale Anliegen war, sich in das Leben Jesu zu versenken und sein Leben in der "Imitatio Christi" zu führen. Die entscheidende und einflussreiche Schrift über die „Nachahmung Christi“ wird dem 1471 verstorbenen Thomas von Kempen zugeschrieben.
Eigenartigerweise lassen sich keine Beziehungen zwischen Eberhaldsklausen und der nahen Gründung der Brüder von gemeinsamen Leben in Traben-Trarbach, Ortsteil Wolf, und dem Kloster St. German, Trier, nachweisen.

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0.6.Bruderschaften

Nach der Chronik des Wilhelm von Bernkastel bestand zu seinen Lebzeiten in Eberhardsklausen eine „Bruderschaft Unserer Lieben Frau zu Eberhardsklausen“. Dokumentiert wurde sie durch ein Verzeichnis, das seit 1465  869 namentliche Eintragungen enthält. Die Mitglieder hatten sich als Spender für Kloster und Kirche erwiesen. Ein Memorienverzeichnis in Kalenderform umfasst seit der Existenz des Klosters bis ins 18. Jahrhundert Eintragungen über auswärtige Spender und Klosterangehörige. Handschriftliche Ergänzungen am Blattrand belegen deren Mitgliedschaft in der Bruderschaft. In einem Visitationsprotokoll von 1569 befand Erzbischof Jakob von Eltz lakonisch eine „Bruderschaft ohne Einkünfte“.

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0.7.Wallfahrten

Mirakelbücher hatten die Aufgabe, durch die Aufzählung der Wunder die Attraktivität der Wallfahrt nach Eberhardsklausen zu steigern. Die „Effizienz“ eines Besuchs wurde auch dadurch betont, dass Veröffentlichungen auf die geringere Wunderhäufigkeit anderer Wallfahrtsorte hinwiesen. So wurden enttäuschte Heilungserwartungen beim Besuch von Gnadenorten wie Beurig/Saarburg, Grimmenthal/Hessen, Prüm, den Valwiger Berg/Cochem und Scharffenhübel/Brabant thematisiert – alles Wallfahrtsziele zu Ehren der Muttergottes.
“Dieß oben beschriebenes Heyliges der schmertzhafftige Jungfrawen Mariae Bild pflegte der gottselige Mann EBERHARDUS offtermal im Tag mit sonderlicher Andacht vor und nach der Arbeit mit seinem einfaltigen und demütigen gebett zu begrüssen, mit brennenden keertzen zu verehren, und andere gute Nachparen mit seinem aufferbäwlichen Exempell, eben dasselbig zu thun und nach zu folgen, anzureitzen.“ Aus New Mirackel= und Gnaden Büchlein des Schmertzlich=und Wunderthätiger Mutter IESU zu Eberhardts-Clausen. Getruckt zu Trier durch Hubertum Reulandt im Jahr 1640.

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0.8.Wallfahrten und Mirakelliteratur

Auch im christlichen Mittelalter war naiver Wunderglaube weit verbreitet. Viele Legenden lebten von ungewöhnlichen Begebenheiten. Volkstümliche Prediger wussten die Gläubigen mit Berichten über Wunder zu fesseln. Am Anfang der Mirakelbücher aus  Eberhardshausen stand das Werk des auch als Chronist tätigen Wilhelm von Bernkastel. Er legte eine Sammlung der Wunder an, die sich am Gnadenbild des Eberhard ereigneten – von den Anfängen bis 1536. Die Quellen seiner Veröffentlichung bestanden aus mündlichen Berichten. Sie waren um Authentizität bemüht. So wurden am Ende der Erzählung Zeugen der Begebenheit genannt oder auf Beweisstücke verwiesen, die den Tatbestand des Vorgangs bekräftigten. Spätere Mirakelberichte beriefen sich auf schriftliche, zuweilen auch beglaubigte Protokolle. Absicht dieser Veröffentlichungen war, die Wunderkraft der Muttergottes von Eberhardsklausen einer breiteren Bevölkerung und damit potentiellen Wallfahrern und Bittstellern kund zu tun.
Die Augustiner-Chorherren der Windesheimer Kongregation waren Teil der Devotio moderna, für die das Abschreiben von Büchern und Texten wesentlicher Bestandteil der klösterlich-asketischen Lebensweise war. Die Schreibtätigkeit der Mönche begann mit der Herstellung liturgischer Werke, die für den Gottesdienst unabkömmlich waren. Diese Gewichtung fand bereits zu Zeiten des ersten Priors ein Ende. Danach wurden Werke allgemeineren Inhalts abgeschrieben. Nach einer langen Phase bewusster Schmucklosigkeit in der Gestaltung der Bücher folgte eine Periode der Prachtentfaltung. Im ersten Viertel des 16. Jahrhunderts wurde die Schreibtätigkeit geringer. Die weitere Entwicklung des Buchdrucks machte sich zunehmend bemerkbar.

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Empfohlene Zitierweise

Brauksiepe, Bernd: Klausen - Augustinerchorherrenstift. Religiöses und spirituelles Wirken. In: Klöster und Stifte in Rheinland-Pfalz, URL: <http:⁄⁄www.klosterlexikon-rlp.de//eifel-ahr/klausen-augustinerchorherrenstift/religioeses-und-spirituelles-wirken.html> (Letzter Aufruf: 23.04.24)